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Die Schola

Die Göttinger Choralschola „cantando praedicare“ ist 1995 als Neugründung aus der Schola St. Paulus in Göttingen hervorgegangen. Danach war sie 20 Jahre lang eine der vielen ehrenamtlichen Gruppen der ältesten Göttinger Gemeinde St. Michael, der sie sich in Dankbarkeit verbunden fühlt, da sie es ermöglichte, einen ihrer vier sonntäglichen Gottesdienste als Choralamt zu feiern.

Mit dem Beginn des Kirchenjahres 2014/15 hat sich die Choralschola entschlossen, neue Wege zu gehen. Sie bemüht sich, monatlich Pfarreien in Göttingen selbst und in deren näheren und weiteren Umgebung zu finden, die einen Gottesdienst mit gregorianischem Meßproprium und Ordinarium wünschen.

Die Gruppe muß regelmäßig eine Aufgabe von definiertem Umfang bewältigen. Sie besteht im Erarbeiten des jeweiligen Meßpropriums, also der auf die jeweilige liturgische Handlung und die Lesungstexte abgestimmten Gesänge, da die Choralschola ihre Arbeit als liturgischen Dienst versteht. Die Gemeinde hört nicht nur an, was die Schola stellvertretend für sie dem als Lob antwortet, von dem sie das Wort des Lebens erhalten hat, sondern singt die Wechselgesänge des Ordinariums (Kyrie, Gloria, Sanctus und Agnus Dei), das Credo und das Pater noster. Die dialogische Struktur der Gesänge bringt Dynamik in die Liturgie, die einer „verliederten" Messe fehlt. Die Mitfeiernden erhalten Übersetzungen der lateinischen Texte.

Um Mißverständnissen vorzubeugen, betont die Gruppe, daß die Gesänge im Rahmen des ordentlichen Ritus der Eucharistie gesungen werden. Ganz entschieden tritt sie der Meinung entgegen, der Gregorianische Gesang habe allein in der tridentinischen Liturgie seinen angestammten Platz. Die Festlegungen des Konzils von Trient sind viel jünger als die lateinisch-römische Liturgie, der die Gesänge eigen sind!

Die Göttinger Choralschola verlangt grundsätzlich kein Honorar, ist aber dankbar, wenn die Pfarrei sie beim Fahrtkostenersatz unterstützt oder pro cantu – Verein zur Förderung der Gregorianik e.V. eine Spende zukommen läßt.

Der Schola ist auch daran gelegen, die dem Gregorianischen Choral eigene spirituelle Kraft und Schönheit in geistlichen Konzerten zu vermitteln. Professionell setzt sie die Erkenntnisse der Gregorianischen Semiologie für die Interpretation der Gesänge um. Diese Wissenschaft untersucht die Bedeutung der ältesten Notationen aus dem 10. Jh. für die jeweilige Textproklamation des göttlichen Wortes.

Die Schola ist mit Frauen- und Männerstimmen besetzt. Neue Sänger und Sängerinnen aller Konfessionen sind stets willkommen. Die Zusammensetzung der Schola wechselt häufig, was in einer Universitätsstadt nicht anders zu erwarten ist. Deshalb arbeitet sie wöchentlich 2-stündig intensiv und konzentriert an den Propriumsstücken für den jeweils nächsten Gottesdienst oder an Projekten, zu denen sie gebeten wird. Als überwiegend eigener Auftraggeber bereitet sie ihre Vorhaben sorgfältig und langfristig geplant vor und freut sich dabei immer wieder über die unendliche Vielfalt des gregorianischen Repertoires einschließlich spätgregorianischer Schöpfungen.

Die Schola wird geleitet von Johanna Grüger. Sie wurde 1939 in Darmstadt geboren; nach dem Studium der Botanik, Zoologie und Geologie in Göttingen erfolgte 1967 der Abschluss mit der Promotion. Es schlossen sich zwei Jahre wissenschaftliche Tätigkeit an der Universität von Minneapolis in Minnesota/USA an. 1969 begann das Familienleben mit schließlich vier Kindern.- Von 1989 bis 92 studierte sie Gregorianik bei Godehard Joppich (Musikhochschule Hannover) und bei Johannes Berchmans Göschl (St. Ottilien/München). Sie ist Mitglied der AISCGre (Internationale Gesellschaft für die Studien des Gregorianischen Chorals) und nahm eine Übersetzung der Semiologia Gregoriana von Eugene Cardine ins Deutsche vor, die 2003 in der Edition Solesmes erschienen ist (ISBN 2-85274-049-4).

Seit 2010 wird die Arbeit der Schola von pro cantu - Verein zur Förderung der Gregorianik e. V. unterstützt.

Fünfte von links: Johanna Grüger (Bildrechte: Lela Ahmadzai)